Für einen neuen Aufschwung

Sonntagsbrunch mit der Parteivorsitzenden der LINKEN, Katja Kipping, im Suhler FRIZ

 

Das Suhler FRIZ ist multifunktional und im Sommer u.a. Bikerhotel. So auch am Sonntag, dem 12. August. Biker vertreiben sich bei Sonnenschein vor dem Hotel die Zeit vor der nächsten Ausfahrt, während sich das Gewölberestaurant nach und nach füllt und schon bald überfüllt ist. Immer mehr Besucher suchen sich einen Platz im Biergarten vor dem Haus. Erstaunt fragt einer der Biker, warum sich denn hier am Sonntagmittag so viele Leute versammeln.  „Katja Kipping kommt, die neue Parteivorsitzende der LINKEN“.  „Aha“, und ein etwas verständnisloser Blick. Wenig später konnten Ina Leukefeld und Reiner Miersch bei der Eröffnung der Veranstaltung Besucher aus Arnstadt, Erfurt, Gotha, Hildburghausen, Ilmenau und Sonneberg  zum Sonntagsbrunch mit Katja Kipping begrüßen. Und hinter den Kulissen entfaltete der Hausherr im FRIZ, Uwe Lochefeld, sein ganzes Organisationstalent, um das  Mittagessen für die unerwartet große Besucherzahl sicherzustellen. Die Improvisation sollte damit noch nicht beendet sein, denn nun traf die Mitteilung ein, dass sich Katja Kipping etwa um eine Stunde verspäten würde, sie hatte gemeinsam mit ihrem Baby einen Anschlusszug verpasst. Doch das Problem war schon bald gelöst, dank der Initiativen von Anke Hofmann, Ina Leukefeld und Sandro Witt.


Vom mulmigen Gefühl zur Freude an der Arbeit

Als die Parteivorsitzende eingetroffen war, ging sie schon nach kurzer Pause zum Mikrofon und sprach zunächst über ihr mulmiges Gefühl am Abend des Göttinger Parteitages, als sie nach heftigem Hin und Her gemeinsam mit Bernd Riexinger gewählt worden war, ein Gefühl, das am Montagmorgen erst allmählich wieder der Freude an der Arbeit wich, als sie gemeinsam mit Bernd Riexinger und dem Geschäftsführer Uwe Höhn das bekannte 120 -Tageprogramm erarbeitete. Wie sollte sich die Partei bis zum 03. Oktober entwickelt haben? Sollte sie die Kommunalpolitik stärker in den Mittelpunkt stellen oder sich mehr zur Bewegungspartei profilieren? Die Antwort: Wir müssen  beides tun, denn beide Ziele sind miteinander verbunden.


Bei uns haben die Menschen unter ihren Verhältnissen gelebt

Scharf rechnete Katja Kipping mit den einfachen Begründungen Angela Merkels zur Finanzkrise ab, die aber allesamt den einen Fehler haben, dass falsch sind. Das trifft besonders die rassistisch angehauchte These von den Südländern, die bis heute über ihre Verhältnisse leben würden. Wahr sei dagegen, dass die Beschäftigten in Deutschland bis heute unter ihren Verhältnissen leben. In Griechenland sei das Elend vieler Menschen geradezu dramatisch: Im Krankenhaus müssen Menschen für dringende Operationen im Voraus zahlen, der Eintritt zu einem Kreißsaal kostet bis zu 1000.- €, viele Eltern können ihre Kinder nicht mehr ernähren. Alle Sozialleistungen wurden gekürzt , aber die Ausgaben für Rüstung sind geblieben, damit die Profite der Rüstungsexporteure nicht geschmälert werden. Unter dem Beifall das Publikums forderte Katja Kipping auch deshalb einen sofortigen Stopp des Rüstungsexports aus Deutschland.         


Linke Diagnose und Medizin für Europa

Was die kapitalistische Krise in Europa betrifft, so brauchen wir „eine richtige Diagnose und eine andere Medizin“.  Die Geschichte der LINKEN handele von den drei U:

·         Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen,

·         Ungleichgewichte bei der Vermögensverteilung und die

·         Unterregulierung der Finanzmärkte.

Das seien die drei entscheidenden Ursachen dieser Krise. Weil die Überschüsse der einen immer die Defizite der anderen sind, mussten sich die Länder an der südeuropäischen Peripherie immer stärker verschulden. Und sie verschuldeten sich bei denjenigen, die durch die Politik des Lohn- und Sozialabbaus in den Überschussstaaten gigantische Profitzuwächse hatten.

„Gegen die drei U“, so Katja Kipping, „setzen wir die vier S. Wir wollen erstens einen Sozialpakt für Europa, der gemeinsame Mindeststandards für Löhne, Renten, Sozialleistungen bindend für alle Mitgliedsstaaten festschreibt. Wir wollen zweitens eine Spekulationsbremse für die Finanzmärkte, die auch den Zinswucher mit Staatsanleihen eindämmt. Dazu muss die Europäische Zentralbank die Erlaubnis bekommen, die Euro-Staaten direkt mit zinsgünstigen Krediten zu versorgen. Wir wollen drittens mehr Steuergerechtigkeit für ganz Europa, und das heißt in erster Linie, dass die Steuern für Superreiche drastisch steigen müssen. Wir schlagen eine Fünf-Prozent-Steuer auf Millionenvermögen und einen Spitzsteuersatz deutlich über 70 Prozent vor. Wir wollen viertens den sozialökologischen Umbau vorantreiben und dafür ein europaweites Wachstumsprogramm auflegen, das mit Investitionen in Bildung, Energiewende und Infrastruktur eine neue wirtschaftliche Dynamik freisetzt. Eine andere Diagnose, eine andere Medizin. Aber Europa braucht diesen New Deal, um einen Weg aus der drohenden wirtschaftlichen Depressionsspirale zu finden.“ Die Sparanlagen der Menschen müssten zukünftig eindeutig von den Spekulationsgeschäften getrennt werden und die Managereinkommen sollten auf das 20-fache eines Durchschnittseinkommen Beschäftigter begrenzt werden.


Stärke der LINKEN: Mitgliederwahlkampf

Was den bevorstehenden Wahlkampf für den Bundestag betrifft, so zeigte sich sich Katja Kipping mit Vorsicht optimistisch. Er werde zweifellos schwer. In den Umfragen liege DIE LINKE. derzeit erst zwischen 6 und 7%. Das Ziel müsse aber wieder ein zweistelliges Ergebnis sein. Eines sei sicher: mit Plakaten kann die LINKE keine andere Partei übertreffen, schon wegen der fehlenden Sponsoren. Die Stärke der LINKEN seien die Mitglieder und deshalb müsse DIE LINKE einen Mitgliederwahlkampf führen. Jedes Mitglied sollte einen Aufnahmeantrag für die Partei in seiner Tasche tragen und über  seine Partei immer so sprechen, dass beim Partner der Wunsch entsteht, Mitglied zu werden.


Basis unterstützt neue Parteiführung  

Von den Diskussionsrednern wurde Katja Kippings optimistische Haltung  aufgegriffen. Der Vorsitzende der von ORWUS Thüringen, Klaus Beck, erwartete eine sachliche Analyse der Lage kleiner Unternehmer und riet dazu, Vermögenssteuer für Unternehmer erst ab einem Betrag von 2 bis 3 Millionen € zu erheben. Johannes Häfke sprach über interessante Gespräche des Stadtvorstandes mit den Suhler Stadträten der LINKEN und monatliche Infostände im Stadtzentrum. Sonja Reinhardt stellte die Frage, wieso eigentlich Finanzminister Schäuble so ohne weiteres die Genossenschaft FAIRWOHNEN aus dem Bieterverfahren um die 11.500 staatlichen Wohnungen der TLG ausschließen ausschließen konnte. Katja Kipping kritisierte diese Entscheidung und insbesondere die Begründung, dass FAIRWOHNEN wegen fehlender Erfahrungen nicht genügend Sicherheit böte. In Prinzip bedeute das aber die skandalöse Ablehnung an jede Neugründung einer Genossenschaft.  Landtagsabgeordneter Bernd Fundheller aus Gotha lobte in seinem Beitrag insbesondere das 120-Tageprogramm der beiden Parteivorsitzenden und die darin begründete Aufgabe, sich zu Beginn vor allem darauf zu konzentrieren den Menschen zuzuhören. Dies sei ein Prinzip, das er generell für sehr wichtig halte. Karlheinz Walther äußerte die Meinung, dass die Bildungspolitik eine bedeutende Rolle im Wahlkampf spielen müsse und kritisierte neben der Dezentralisierung der Bildungspolitik vor allem die Hauptschulen als Schulform zur Zweiklassenbildung schon im Kindheitsalter.

Die Gespräche der neuen Parteivorsitzenden mit den Mitgliedern der Parteibasis und Gästen setzten sich in einer Reihe von Einzelgesprächen in lockerer Atmosphäre fort, so dass wir trotz der am Anfang geschilderten Pannen von einer gelungenen Veranstaltung sprechen können, auch wenn bei einer thematischen Begrenzung sicher die Diskussion zielführender und tiefgehender zu gestalten gewesen wäre.

-Karlheinz Walther-


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